Wie sich die abstürzenden Ölpreise gerade auf das zarte Pflänzchen der bis über beide Ohren verschuldeten US-Fracking-Industrie und die Lage an den internationalen Junkbondmärkten auswirken, hatte ich den Lesern unter Verweis auf die zugrundeliegenden Daten in einer zuvor veröffentlichten Berichtsreihe eingehend erläutert. In Kanada erweist sich die Lage als nicht viel besser. Vielmehr lässt sich im Angesicht von möglicherweise dauerhaft niedrigen Öl- und Gaspreisen damit rechnen, dass auch Kanadas Immobilienmärkte und dessen immens verschuldete Privathaushalte ins Wanken geraten werden.

 

Wie nicht anders zu erwarten, beginnen sich die einbrechenden Rohöl- und Gaspreise durch den nordamerikanischen Energiesektor zu fressen. Auch Kanada ist davon selbstverständlich keineswegs ausgenommen. So schockt eine Meldung, laut der eine stetig wachsende Anzahl von Öl- und Gasbohranlagen aufgrund zunehmender Unprofitabilität aus dem Wettbewerb ausscheidet, nicht wirklich.

Vielerorts werden diese Entwicklungen an den Finanzmärkten auch weiterhin ausgeblendet. Und so vernehmen wir, dass es in Kanada in den letzten Tagen zur Schließung von knapp 50 Öl- und Gasbohranlagen gekommen ist. Da der Energie- und Rohstoffsektor einen nicht unerheblichen Anteil zum nationalen BIP Kanadas beisteuert, lässt sich ab dem kommenden Jahr durchaus auch mit Verwerfungen in anderen Segmenten der kanadischen Wirtschaft rechnen.

Wir erinnern uns: Kanadas private Haushalte leiden unter einem der höchsten Verschuldungsgrade in der ganzen Welt (siehe obige Grafik). Rekordniedrige Zinsen haben in den letzten Jahren zu einem Häuserboom beigetragen, der nun jederzeit vor dem Platzen stehen könnte (ich berichtete). Große Rohstoffexportländer wie Kanada, Australien, Russland oder Brasilien bekommen nun langsam aber sicher die rückläufige Nachfrage in China und die damit verbundenen Preiseinbrüche in vielen Rohstoffsegmenten zu spüren.

 

Auch über die dramatische Entwicklung in vielen Basismetallsegmenten wie Eisenerz, Kupfer & Co. hatte ich Sie in diesem Jahr wiederholt aufmerksam gemacht. Sollten sich die Ölpreise nicht möglichst bald erholen, werden die aktuell bekannt gegebenen Schließungen von Öl- und Gasbohranlagen wohl nur die Spitze des Eisbergs sein. Insbesondere die kanadische Ölsandproduktion erweist sich im internationalen Vergleich als sehr teuer.

 

Ob sich die Förderung von Ölsanden im Angesicht der aktuellen Preisentwicklung noch rechnen wird, bleibt abzuwarten. Doch gerade der in den vergangenen Jahren stark expandierende Ölsandsektor hatte einen großen Beitrag zu Wachstum in anderen kanadischen Wirtschaftsbereichen geliefert. Insbesondere der Transportsektor und die Häusermärkte profitierten hochgradig von den Ölexplorationsaktivitäten in Alberta.

Anders als an den amerikanischen Immobilienmärkten, die seit dem Jahr 2006 unter einem deutlichen Preiseinbruch litten, sorgte der anhaltende Rohstoffboom in Kanada für neue Allzeitpreishochs in diesem Segment. Doch wie zuvor bereits erwähnt: Kehrseite der Medaille ist eine Verschuldung im privaten Wirtschaftssektor, die in der Historie des Landes ihres Gleichen sucht. In Australien sieht die Lage übrigens ähnlich aus.

 

Nachdem der Superzyklus im Rohstoffsektor ein jähes Ende gefunden hat, werden sich immer mehr kanadische und australische Haushalte mit der Frage konfrontiert sehen, wie der einst  aufgenommene Schuldenberg jemals zurückbezahlt werden kann. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine bereits kletternde Arbeitslosenquote und die Aussicht auf den potenziellen Verlust des eigenen Arbeitsplatzes.

Eine wachsende Anzahl von Beobachtern zeigt sich im Angesicht der kollabierenden Handelsbilanz des Landes (siehe obige Grafik) äußerst besorgt, dass auf Kanada ein wirtschaftlicher Tsunami zurollen könnte. Anscheinend ist Kanadas Ökonomie auch weiterhin zu abhängig von der allgemeinen Entwicklung an den Rohstoffmärkten und doch nicht derart diversifiziert, wie uns dies eine Reihe von Finanzmarktakteuren in der Vergangenheit Glauben machen wollte.

Es ist keine Frage, dass sich die momentane Entwicklung an den Energie- und Ölmärkten negativ auf die kanadischen Arbeitsmärkte auswirken wird. Insbesondere Alberta dürfte davon sehr stark betroffen sein. Nicht selten verdienen Familienväter in Alberta ihr Einkommen, um ihre Familien in den restlichen Provinzen des Landes finanziell zu versorgen.

 

Es lässt sich also durchaus mit Dominoeffekten in der kanadischen Wirtschaft rechnen, wenn sich die Lage an den Energiemärkten im kommenden Jahr nicht alsbald zum Besseren verkehren sollte. Dass das Geld unter vielen Haushalten schon nicht mehr allzu locker zu sitzen scheint, zeigen zum Beispiel auch jüngste Daten zum Wachstum im Bereich der Einfamilienhäuser.

Auch Renovierungen und Umbaumaßnahmen, die einen guten Teil der Umsätze im produzierenden Gewerbe beisteuern erwiesen sich in den letzten Monaten als rückläufig. In vielen anderen Sektoren der Wirtschaft sieht es nicht besser aus. Am heimischen Finanzmarkt scheinen die vom Energiesektor ausgehenden Ansteckungsgefahren in manchen Segmenten vorsorglich schon einmal eskomptiert worden zu sein.

 

Ein Blick auf die jüngste Entwicklung von kanadischen Immobilien-REITs zeigt dies mehr als deutlich. Man darf getrost davon ausgehen, dass Kanadas Ökonomie in ernsthafte Probleme schlittern wird, falls die Rohöl- und Gaspreise über einen längeren Zeitpunkt auf den jetzigen Niveaus verharren sollten...allerdings ist dies auch keine Entwicklung, die sich nicht seit mindestens zwei Jahren absehen ließ!

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